Im B2B-Vertrieb wird es für Verkäufer immer schwieriger, an den Tisch der Entscheider zu kommen. Dies liegt daran, dass diese häufig den schnellen Abschluss suchen und sich keine großen Gedanken darüber machen, welchen Beitrag sie mit ihren Produkten und Dienstleistungen zu den Unternehmenszielen ihres potenziellen Kunden leisten können.
Folgerichtig schätzen Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene den Wertbeitrag der Verkäufer für diese Fragestellung als unbedeutend ein und haben daher geringe Neigung, den Dialog mit ihnen zu führen. Dies sollte Vertriebsführungskräfte alarmieren und dazu motivieren, den Kundendialog ihrer Verkäufer mit den Kunden auf diese Fragestellung anzupassen.
Damit dies gelingt, muss sich der Verkäufer mit den Strategien seiner Kunden auseinandersetzen, die ihn mit zwei Regeln konfrontieren:
1. Die Kundenstrategie gibt die Richtung für Investitionen vor
Das Angebot muss die Kundenstrategie in vielfältiger Hinsicht unterstützen, um hohe Akzeptanz zu finden. Ein negatives Beispiel hierfür war die Umstellung der Einkaufsprozesse eines Handelskonzerns auf eine Internetplattform ohne Verkäuferkontakt. Dies führte zu beträchtlicher Personalreduktion im Einkauf, deren Mitarbeiter täglich im Durchschnitt von sieben Verkäufern angerufen wurden. Deren Wertbeitrag war offenkundig nicht überzeugend und der Dialog mit ihnen aus Sicht des Kunden überflüssig.
2. Einen konkreten Wertbeitrag für die Kundenstrategie leisten
Ein Lieferant hat sich in dieser Situation dafür entschieden, dem Handelskonzern einen konkreten Wertbeitrag zu liefern. Der konnte nicht darin bestehen, nur ein billigeres Produkt zu liefern. Er entschied sich, mit einem innovativeren Produkt das Geschäft seines Kunden anzukurbeln.
Der Lieferant sah sich nicht nur als Hersteller von Handelsprodukten, sondern auch als Marktforscher, Problemlöser und Produktentwickler. Für Kunden in der Dritten Welt, die mit Wasserknappheit zu kämpfen haben, wurde ein neues Produkt entwickelt, das sehr sparsam mit Wasser umging. Die Entwicklungsarbeit erfolgte gemeinsam mit dem Handelsunternehmen, sodass beide Seiten zu einem Team zusammenwuchsen.
Die Ergebnisse dieser Orientierung auf die Kundenstrategie konnte sich sehen lassen: der Konsumgüterhersteller verzeichnete 16 Jahre lang ein durchschnittliches jährliches Umsatzwachstum in Höhe von 30%, was in diesem Zeitraum eine Verachtfachung seines Umsatzes mit diesem Kunden bedeutete.
Verkäufer benötigen die Kommunikation mit der Unternehmensleitung, wenn sie erfahren wollen, welche Themen die unternehmensrelevanten Entscheidungen treiben. In diesem Erstkontakt sind direkte Fragen und Bezüge zum Produkt oder zu den Dienstleistungen zu vermeiden, bis eine Kommunikation mit Entscheidern aufgebaut ist. Marc Miller führt 5 Fragenkomplexe in seinem Buch „A Seat at the Table“ auf, um den Kundendialog mit Blick auf die Kundenstrategie zu führen:
- Fragen zu den relevanten Fakten des Kunden-Marktes und der Leistungserstellung des Kunden
- Fragen zu Zielen des Unternehmens
- Fragen zu Einwänden möglicher Lösungsansätze
- Fragen zu Ankern, die Erwartungshorizonte klären.
- Fragen zu alternativen Lösungen für die strategischen Aufgabenstellungen
Der Verkäufer sollte die Motivation seines Interessenten zur Problemlösung im Auge behalten und darauf achten, dass nicht seine eigenen Interessen zum Produktverkauf in der Wahrnehmung des Kunden überhand gewinnen. Dieses natürliche Spannungsfeld zwischen Verkäufer- und Kundeninteressen existiert zwar auf allen Ebenen, ist aber mit der richtigen Fragestellung zu entschärfen.
Die Fragen zu den Einwänden helfen Unternehmen, eigene Gründe dafür zu klären und Aufgaben mit neuen Methoden und Werkzeugen zu lösen. In dieser Phase geht es auch nicht darum, schon konkrete Lösungsansätze des Verkäufers zu diskutieren.
Entscheider benötigen einen klaren Blick auf die Konsequenzen von Problemen für das Unternehmen und ihre Ursachen. Ein bildhafte Darstellung der Ursache-Wirkungskette verdeutlicht die innere Logik eines Problems, in Verbindung mit den Anker-Fragen wird dann auch die Bedeutung und das Gewicht für das Unternehmen herausgestellt. Verkäufer erfahren hier, ob das Thema wirklich in den Augen der Entscheider eine strategische bedeutsame Fragestellung berührt. Falls nicht, würde hierüber sicherlich keine Kaufentscheidung gefällt werden. Das Kundenpotenzial wäre damit drastisch gesunken.