Die Produktivität im Vertrieb und im Marketing zu verbessern, ist eine fordernde Aufgabe. Es gibt hierüber eine Vielzahl von Meinungen, Sichtweisen und Theorien in Unternehmen. Und es bleibt immer die Frage offen, wie man dies denn messen wolle. Michael J. Webb hat kürzlich in seinem Blog einen lesenswerten Beitrag publiziert (Five Assumptions That Prevent B2B Sales and Marketing Improvements and How Lean Process Excellence Avoids Them), der diesem Beitrag gekürzt zugrunde liegt.
Viele Entscheider scheitern an der Verbesserung der Vertriebsleistung, weil sie fehlerhafte Annahmen für ihre Entscheidungen zugrundelegen. Maßnahmen auf dieser Basis können natürlich keine Verkaufserfolge produzieren.
Die Handlungsalternative sieht eher so aus:
- belastbare Daten und Fakten im Vertrieb und im Marketing gewinnen,
- auf dieser Basis Kernursachen für Vertriebsergebnisse entwickeln und
- dazu passende Gegenmaßnahmen praktisch einsetzen und ihre Ergebnisse messen.
Diese 5 fehlerhaften Annahmen von Entscheidern für Vertrieb und Marketing blockieren am häufigsten den gewünschten Vertriebserfolg:
1. Annahme: Das Problem ist die Vertriebsabteilung
Diese Annahme ist besonders tückisch, da sie gerade diejenigen beschuldigt, auf deren Mitwirkung das Unternehmen angewiesen ist. Wenn Unternehmensleitungen über die Ursachen mangelnder Vertriebsleistungen spekulieren und den Vertrieb heftig unter Beschuss nehmen, ist dies zunächst einmal kein konstruktiver Lösungsansatz.
Das bedeutet nicht, dass nicht auch im Vertrieb und Marketing Fehler zu korrigieren wären. Allerdings sind die Ursache-Wirkungsbeziehungen im Vertrieb komplexer als vermutet. Wer kein tiefes Verständnis der Zusammenhänge z.B. der Kaufentscheidung seiner Kunden entwickelt hat, wird auch nur eine geringe Erfolgswahrscheinlichkeit haben. Ohne nachvollziehbare Fakten kann es keine erfolgversprechenden Gegenmaßnahmen geben.
2. Annahme: Neue Prozesse lösen das Problem
Erleichtern neue Prozesse die Arbeit, haben Mitarbeiter kein Problem damit , sie auch praktisch umzusetzen. Schwieriger wird es, wenn neue Prozesse mehr und härtere Arbeit notwendig machen: ist der Mehrwert für die Betroffenen bzw. für den Kunden nicht erkennbar, reagiert gerade der Vertrieb oft mit einer Verweigerung.
Ein neuer Prozess, der nur dem Informationsbedürfnis des Managements dient, ist nicht zielführend. Darunter leiden viele CRM-Implementierungen in Unternehmen, die es nicht verstanden haben, auch dem Vertrieb einen klaren Vorteil für ihre Marktbearbeitung zu vermitteln. Wenn Kunden dem neuen Vertriebsprozess nicht folgen, warum sollten es die Vertriebsmitarbeiter tun?
3. Annahme: außerhalb des Vertriebes wird das Problem erkannt und verstanden
Häufig glauben Unternehmensbereiche außerhalb des Vertriebes zu wissen, woran es denn krankt, ein Strom von Meinungen kann sich dann zu einer scheinbaren Gewissheit verdichten. Der Hinweis, dass der betroffene Vertrieb vor lauter (Problem-) Bäumen den Wald nicht erkennt, hilft auch nur begrenzt weiter.
So zeigen eher die Fertigungsabteilungen, wie sich mangelnder Output beheben lässt. Auf der Basis von Fakten werden Problemlösungen geschaffen, die für den Kunden Qualität, Kosten und Termine im gewünschten Rahmen sicherstellen. „Meinungsbilder“ benachbarter Abteilungen leisten kaum einen Lösungsbeitrag. Hier hilft nur ein tiefes Verständnis von Ursache-Wirkungsbeziehungen und die Messung relevanter Kenngrößen.
Diese Vorgehensweise bringt auch im Vertrieb die gewünschten Ergebnisse und führt dort zu einem beträchtlichen Know-How-Gewinn.
4. Annahme: Training als Allzweckwaffe für bessere Vertriebsergebnisse
Auch wenn die persönlichen Fähigkeiten und das Wissen im Vertrieb und Marketing verbessert werden können, Trainingsmaßnahmen generell stärken noch nicht die Performance eines Unternehmens. Viele Entscheider sind aber bei mangelnder Vertriebsperformance gleich mit einem Bündel von Trainingsmaßnahmen zur Stelle. Es wird etwas getan, durch den Vertrieb geht ein Ruck – aber ob das Trainingsprogramm wirklich die Ursachen schlechter Vertriebsleistungen behebt, weiß kein Mensch. Es ist also nur Aktionismus, der wertvolle Ressourcen verschwendet – und das verursachende Problem nicht dauerhaft behebt,
Solange die Ursachen nicht auf der Basis von Fakten geklärt sind, Finger weg von Trainingsmaßnahmen jeglicher Art.
5. Annahme: Der Entscheider kennt die Lösung
Es gibt sie immer wieder, die charismatischen Entscheider im Vertrieb, die ohne die Augen öffnen zu müssen, ganz genau wissen, woher das Absatzproblem kommt. Es wird dann schnell, forsch und entschlossen über eine Maßnahme entschieden – ohne Ergebnisse zu verbessern.
Dies überrascht denn auch nicht, der Katalog der „Wundermittel“ besteht häufig aus einem neuen Vergütungssystem (der Vertreib braucht vernünftige Anreize..), dem neuen CRM-System (dann geht alles wie von alleine..), einem Vertriebstraining (zur Stärkung der verkäuferischen Überzeugungskraft..), einer neuen Verkaufsgebiets-Aufteilung (um die Potenziale stärker auszuschöpfen..) oder einem Austausch der Verkaufsmannschaft (wir brauchen mehr „Siegertypen“..).
Gegen die vorgenannten Einzelmaßnahmen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, wenn sie nachvollziehbar zur Problemlösung beitragen können. Und daran hapert es gewöhnlich – Schnellschüsse dieser Art sorgen nur für eine hohe Frequenz in der Besetzung von Führungspositionen im Vertrieb. Erfolgreicher und nachhaltiger wirkt die Datenanalyse im Vertrieb und daraus abgeleitete Maßnahmen. Dies dauert möglicherweise ein paar Tage mehr als der „Schnellschuss“, wird aber von einer Vertriebsmannschaft besser verstanden und umgesetzt.
Wie Unternehmen fehlerhafte Annahmen im Vertrieb und Marketing vermeiden
Eine wichtige Voraussetzung ist eine aussagefähige Datenbasis im Vertrieb und Marketing. Daten über reine Auftrags- und Rechnungsdaten hinaus gehören dazu. Ein CRM System kann – regelmäßiger Input vorausgesetzt – sehr unterstützen.
Die Realität sieht allerdings weniger erfreulich aus: es gibt weder ein klares Regelwerk, wie Vertriebsaktivitäten (lukrative Aufträge in der Zielgruppe gewinnen..) ablaufen sollen, noch Daten aus den Vertriebsprozessen, die für eine belastbare Formulierung von Ursache-Wirkungsbeziehungen im Vertrieb herhalten können. Dies gilt leider auch für Kundendaten (Potenzial, Bedarf, Zufriedenheit, Bindung, etc.)
Dann helfen ein weißes Blatt Papier und Führungskräfte aus verschiedenen Abteilungen, die sich mit dem Problem auseinandersetzen und sich die Frage stellen, welche Probleme genau bestehen und welche Daten darauf hinweisen.
Als sehr hilfreiche Methode hat sich die Frage und Klärung der „unerwünschten Resultate“ erwiesen, die in Verbindung mit einer kritischen Haltung zu den weiteren Fragen führt, was diese unerwünschten Resultate verursacht und woran sie sich messen lassen.
Erst wenn die Kernursachen aufgedeckt sind, lassen sich wirkungsvolle Gegenmaßnahmen entwickeln, die dann aber auf der Basis harter Fakten auch ihre Wirkung im Markt bei den Kunden entfalten können. Ein erster Test der Vertriebsperformance wird hier bereitgestellt, er ermöglicht erste Hinweise für Verbesserungen im Vertrieb mit hohem Erfolgspotenzial.
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